Zwei PV-Gutachter überprüfen Photovoltaik-Modul

Fachkräftemangel in der Solarindustrie: Langfristige Perspektiven für Wartung und Instandhaltung

In einem Deutschland, das zunehmend auf erneuerbare Energien setzt, spielt die Solarindustrie eine Schlüsselrolle. Doch hinter den glänzenden Solarpanels verbirgt sich eine wachsende Herausforderung: der Fachkräftemangel. Dieses Problem beeinflusst nicht nur die Installation neuer Anlagen, sondern wirkt sich auch maßgeblich auf Wartung und Instandhaltung aus – essenzielle Faktoren für die Langlebigkeit und Effizienz der Solartechnologie. Wie geht die Solarbranche mit diesem Engpass um, und welche langfristigen Strategien könnten die Zukunft der Solarenergie sichern? Dieser Beitrag beleuchtet die Hintergründe, die aktuellen Herausforderungen und zeigt auf, wie innovative Lösungen und Ansätze den Weg für eine nachhaltige Solarzukunft ebnen können.

Der Aktuelle Stand des Fachkräftemangels

Laut einer Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung am Institut der deutschen Wirtschaft fehlten in Deutschland bereits im Jahresdurchschnitt 2021/2022 insgesamt 216.000 Fachkräfte, die für die Umsetzung der Energiewende benötigt werden. Besonders betroffen ist der Bereich Bauelektrik, der für die Installation und Wartung von Photovoltaikanlagen von zentraler Bedeutung ist. Der Mangel an Elektrikern und anderen Handwerkern bedroht nicht nur die Installation neuer Anlagen, sondern auch die Qualität und Sicherheit bestehender Anlagen.

Um die ambitionierten Ziele des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) bis 2030 zu erreichen, ist eine deutliche Steigerung der Zubauraten von Photovoltaik- und Windenergieanlagen notwendig. Hierfür werden jedoch Fachkräfte in Berufen benötigt, in denen bereits heute erhebliche Engpässe bestehen. Derzeit gibt es rund 444.000 offene Stellen in den für die Solar- und Windenergie relevanten Berufen, wobei insbesondere bei den Elektrofachkräften ein Defizit von rund 17.000 Personen besteht. Diese sind aufgrund gesetzlicher Regelungen, notwendiger Sicherheitsstandards und Arbeitsschutzmaßnahmen bei Arbeiten mit Starkstrom unverzichtbar.

Die Installation von Photovoltaikanlagen auf Dächern erfordert spezialisierte Fachkräfte aus dem Handwerk. Insbesondere ausgebildete Dachdecker sind schwer zu finden, so dass teilweise auf Fachkräfte aus anderen Handwerksberufen wie Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik zurückgegriffen werden muss. Aber auch in diesen Bereichen fehlen rund 14.000 Fachkräfte. Bei den ebenfalls für die Solarbranche relevanten Informatikern können derzeit rund 13.600 offene Stellen nicht besetzt werden.

Ausbau der Photovoltaik in Deutschland

Im Jahr 2023 war ein deutlicher Anstieg der installierten Solaranlagen zu verzeichnen, mit fast doppelt so vielen Neuinstallationen wie im Jahr 2022. Dieser Trend zeigt deutlich, dass Deutschland das fossil-nukleare Energiezeitalter hinter sich lässt und sich auf eine nachhaltige Energiezukunft mit der Photovoltaik als einer der tragenden Säulen konzentriert.

Laut Umweltbundesamt stieg die Stromerzeugung aus Photovoltaik im Jahr 2022 um fast 20 Prozent, was auf die hohe Zahl neu installierter Anlagen und außergewöhnlich sonnenreiches Wetter zurückzuführen ist. Im Jahr 2022 waren in Deutschland 2,6 Millionen Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von 71 Gigawatt installiert, die insgesamt 57,6 Terawattstunden Strom erzeugten und damit einen Anteil von 12 Prozent am Strommix erreichten.

Die Bundesregierung hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2030 mindestens 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs aus erneuerbaren Energien zu decken. Bereits 2022 wurden 46,2 Prozent des Stromverbrauchs durch Erneuerbare Energien gedeckt. Im Jahr 2023 übertraf der Ausbau der Photovoltaik mit 13,2 Gigawatt bis November und einer Prognose von über 14 Gigawatt bis Ende des Jahres die Ziele der Bundesregierung deutlich. Dies ist ein starker Anstieg gegenüber den 7,44 Gigawatt im Jahr 2022.

Angesichts dieser Zahlen und des anhaltenden Engagements für Erneuerbare Energien ist davon auszugehen, dass die PV-Landschaft in Deutschland weiterhin deutlich wachsen wird. Die Herausforderung wird jedoch darin bestehen, die erforderlichen Fachkräfte für die Installation und Wartung dieser wachsenden Zahl von Solaranlagen bereitzustellen.

Regelmäßige Wartung von PV-Anlagen

Die regelmäßige Wartung von PV-Anlagen ist entscheidend für ihre Leistungsfähigkeit und Langlebigkeit. Typische Wartungsmaßnahmen umfassen Reinigung, elektrotechnische Überprüfung, Instandsetzung und Dokumentation. Diese Arbeiten erfordern speziell geschultes Personal, das nicht nur technisches Know-how besitzt, sondern auch Sicherheitsstandards und Versicherungsbedingungen erfüllt.

Der aktuelle Fachkräftemangel in der Solarwirtschaft wirkt sich jedoch zunehmend auf diesen Bereich aus. Die Schwierigkeit, qualifiziertes Wartungspersonal zu finden, kann zu längeren Wartungsintervallen führen und dadurch die Effizienz der Anlagen beeinträchtigen. Zudem können die Kosten für Wartungsdienstleistungen steigen. Die Branche steht vor der Herausforderung, durch Ausbildungsinitiativen und möglicherweise technologische Innovationen diesem Mangel entgegenzuwirken, um eine zuverlässige und effiziente Wartung der PV-Anlagen sicherzustellen.

Aus- und Weiterbildung: Schlüssel zur Bewältigung des Fachkräftemangels

Die Rolle von Aus- und Weiterbildung ist entscheidend, um den wachsenden Bedarf an qualifizierten Fachkräften in der Photovoltaikbranche zu decken. Angesichts des schnellen Ausbaus der erneuerbaren Energien, insbesondere der Photovoltaik, müssen Fachkräfte umfassend in technischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekten der Solartechnologie geschult werden.

In Deutschland gibt es zahlreiche Initiativen, die auf die Stärkung der Kompetenzen in der Solarbranche abzielen. Ein Beispiel ist die modulare Weiterbildung zum Gutachter für Photovoltaik-Anlagen (TÜV). der TÜV Rheinland Akademie. Dieses Weiterbildungs-Programm richtet sich an erfahrene Fachkräfte aus solarrelevanten Gewerken und vermittelt in insgesamt sieben Tagen die notwendigen Kenntnisse zur Erstellung gerichtsfester Gutachten.

Derartige Programme bieten nicht nur die Möglichkeit zur fachlichen Qualifikation, sondern tragen auch zur Qualitätssicherung und Effizienz in der Branche bei. Zukünftig wird es jedoch notwendig sein, diese Ausbildungsangebote kontinuierlich an neue technologische Entwicklungen anzupassen, um den Anforderungen der Branche gerecht zu werden.

Strategien zur Überwindung des Fachkräftemangels

Der Fachkräftemangel in der deutschen Solarbranche stellt eine signifikante Herausforderung dar, birgt jedoch auch Chancen für innovative Lösungen und Strategien, um die ambitionierten Ziele der Photovoltaik und die Energiewende erfolgreich zu realisieren.

Kernstrategien:

  • Fokus auf Ausbildung: Eine Schlüsselstrategie ist die Verstärkung der Ausbildung in solarnahen Berufen wie Elektriker, Dachdecker und Zimmerer. Durch gezielte Bildungsprogramme können junge Menschen für diese Berufe begeistert und qualifiziert werden.
  • Politische Unterstützung: Politische Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden, die sowohl die Ausbildung als auch die Wertschätzung des Handwerks fördern.
  • Weiterbildungsinitiativen: Kurzfristige Weiterbildungsinitiativen können dazu beitragen, schnell auf den aktuellen Bedarf zu reagieren, während langfristige Programme zur nachhaltigen Entwicklung der Fachkräftebasis beitragen.
  • Wertschätzung des Handwerks: Eine verbesserte Anerkennung und Wertschätzung der Handwerksberufe ist entscheidend, um das Berufsfeld attraktiver zu gestalten und qualifizierte Arbeitskräfte anzuziehen.

Diese Maßnahmen sind nicht nur für die Solarwirtschaft, sondern auch für die gesamte Gesellschaft von entscheidender Bedeutung. Sie tragen dazu bei, die Energiewende zu unterstützen und zugleich wertvolle Arbeitsplätze zu schaffen.


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